Kistenklettern

Man kennt es von zahlreichen Sommer- und Kinderfesten: Irgendwo stehen 25 leere Getränkekisten aufgetürmt, und alle Kids klettern nacheinander so lange darauf herum, bis der Kistenturm unter lautem Geschrei zusammenfällt. Selbstverständlich sind die kleinen Kletteraffen an einem Seil festgebunden und baumeln dann fröhlich kreischend in der Sonne.

Die Bibliotheksdirektorin trödelte eines Morgens noch etwas herum, schnappte sich dann kurz vor knapp ihre vollen Taschen und trat schwungvoll aus dem Haus. Sie kam nicht weit, sondern flog beim ersten Schritt über vier volle Umzugskisten, die kippelig vor ihrer Türe abgestellt waren. Die Direktorin fluchte leider etwas undamenhaft, rappelte sich dann wieder auf und trat vorsichtig vor einen der Kartons. „Wow! Schwer! Da werden doch wohl keine …

… Bücher drin sein!?“

Ein rosafarbener Brief mit Blümchen lag darauf. Absender war die nette junge Frau, die zwei Häuser weiter wohnt:

Liebe Nachbarin, wenn Du die Kartons findest, bin ich schon in Urlaub. Da Du ja jeden Tag in die Bibliothek gehst, dachte ich, dass Du vielleicht meine aussortierten Bücher mitnehmen kannst. Ich habe das vor meinem Urlaub nicht mehr geschafft und hätte das gerne aus dem Kopf. Ich schenke alles der Bibliothek, es sind wirklich sehr gute Bücher. Zum Teil haben meine Oma, meine Mutter und ich die Bücher alle nacheinander gelesen. Ich hoffe, dass ich der Bibliothek damit eine Freude mache und danke fürs Mitnehmen!

Alles Liebe, Deine M.

An den vier darauffolgenden Tagen hat sich die Direktorin wahnsinnig gefreut: Den abendlichen Besuch im Fitness-Studio konnte sie sich sparen. 😉

5 Gedanken zu „Kistenklettern

  1. Nun ja, ob die Kisten voller Bücher unbedingt als „Danaergeschenk“ gesehen werden sollten, wage ich mal zu bezweifeln, aber ich finde es schon interessant, wie die Meinungen zwischen Lesern und uns Bibliotheksmenschen auseinander gehen, wenn es um das Thema „Gute, neuwertige Bücher“ geht ;).
    Mal im Ernst, waren Bücher für den eigenen Bestand dabei? Eher nicht, oder?
    Gruß
    Martin

  2. Aha „wirklich sehr gute Bücher“ – drei mal gelesen (hoffentlich im selben Jahr) und nur mit geringen Knick- und Knitterspuren ?
    „Quidquid …“
    Wollte hier jemand mit seiner humanistischen Bildung angeben? Hier die ?oebersetzung:
    „Was es auch ist, ich fürchte die Danaer,
    auch dann, wenn Sie Geschenke machen.“ (Vergil, Aeneis Buch II, Vers 48-49)
    Trojanische Bücher, mal was anderes. 😉

  3. ich wurde am Bahnhof schon mal angesprochen: Sie arbeiten doch in der Bibliothek XY ? Ich sollte unbedingt Bücher zurückgeben, könnten Sie diese nicht gleich mitnehmen?

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