Vom langsamen Verfertigen der Wahrheit während des Lügens

Die beiden saßen in der Jugendbibliothek am Internet-PC und lachten sich schief! Die Bibliotheksdirektorin freute sich über die gut gelaunte Kundschaft.  Sie näherte sich und fragte natürlich zuerst nach dem gültigen Bibliotheksausweis. Die beiden sympathischen Jungs  mit Migrantenhintergrund verfielen schlagartig in die Comicsprache:

„Aääh, der da!“– „Häh, ich? Nä, du!“– „Ey, wieso ich!?“

Es kam heraus, dass der große Dunkle ordentlich angemeldet war. Der kleine Kräftige aber, der sein Alter mit 15 Jahren angab,  druckste irgendwie herum und faselte von „so einem komischen Buch“.  Die Direktorin merkte, dass da was im Busch war, und prüfte jetzt mit ernstem Blick …

Die Benutzerdatenbank zeigte an: Der junge Mann war 14 und nicht 15 Jahre alt. „Sag mal, wie alt bist Du denn wirklich? Warum hast Du denn die Bibliotheksdirektorin angelogen?“– „Ähh, mmh, keine Ahnung!“

Der Bibliotheksausweis war außerdem seit mehr als sieben Jahren abgelaufen. „Wo ist denn dein Ausweis?“– „Ehmm– keine Ahnung, er ist weg!“

„Ist der Ausweis denn schon länger weg? Hast du ihn verloren oder wurde er gestohlen?“– „Ahh– nä– keine Ahnung! Woher soll ich das denn wissen!?“

„Ja, hast du den Ausweis denn sperren lassen?“– „Hä? wieso? Nö, keine Ahnung!“

Die gespeicherte Anschrift wurde auch geprüft: „Wohnst Du da noch?“– „Hä? Keine Ahnung wo das is!“

Die Direktorin aktivierte den Bibliotheksausweis und entdeckte den wahren Knackpunkt:  Sieben Kinderbücher aus dem Bücherbus waren niemals zurückgegeben worden: 96,16 € Schulden! „Sag mal, was ist denn damals passiert? Hast Du die Bücher noch?“– „Bücherbus? Wat ist dat denn? Und warum 16 Cent? Dat verstehe ich wirklich nicht, keine Ahnung! Ey, da war ich doch noch ein Kleinkind!“

Dem ehemaligen Kleinkind wurden dann aus pädagogischen Gründen die Schulden erlassen und im Anschluss  auch noch ein nagelneuer Bibliotheksausweis verpasst. Der kostete 5 Euro Ersatzgebühr und die Bibliotheksdirektorin bestand auf sofortiger Barzahlung. „Ey, wieso dat denn jetzt?“

Die Bibliotheksdirektorin zuckte mit den Schultern und antwortete stilsicher: „Äh, keine Ahnung!“ 😉