Bestandsaufbau, liegend

Unsere Bibliotheksdirektorin ist die mehr die Jüngste. Es gibt zwar wohlwollende Kommentare, die da lauten: „Ach, Du bleibst doch immer jung!“, das kann aber bestenfalls in die Komplimente-Kiste einsortiert werden. Sie ist nie wirklich krank, aber die Knochen sind schon etwas klapprig.

Mal zieht es in der Schulter, dann knackt die Hüfte laut und droht bei jedem Schritt aus der Pfanne zu springen. Das ist immer peinlich, weil dann alle denken, sie fiele gleich auseinander. Das Ilio-Sakral-Gelenk ist schon seit Jahren im Eimer und die Blockaden hat sie (gottseidank) vorwiegend im Rücken. 😉 Die Skoliose ist auch immer da und deshalb geht sie regelmäßig zum Physiotherapeuten: Dort gibt es dann Heißluft, Massage und Manuelle Therapie, und bei den ersten beiden Programmpunkten schläft sie immer ein. Mindestens zwei Tiefschlafphasen schafft sie dann locker, es sei denn …

… der Therapeut möchte mit ihr über die Bibliothek plaudern. Dann gibt sie schlaftrunken die Antworten, wirbt matt und träge für den Erwerb eines Bibliothekausweises und versucht das Gespräch durch wortkarges Nuscheln und zögerliches Antworten abzuwürgen. Das klappt aber nicht immer …

„Sagen Sie, darf man bei Ihnen denn auch eigentlich die Zeitschriften einfach nur lesen?“

Mmmh.

„Brauche ich denn dafür einen Bibliotheksausweis?“

Mmmh.

„Haben Sie denn auch den „Kicker“?“

Mmmh?

„Wissen Sie, wenn sie den hätten, dann würden bestimmt mehr Männer in die Bibliothek kommen!“

Mmmh?

„Ja, bestimmt! Nicht erst seit der Weltmeisterschaft ist Fußball doch total aktuell und auch die Jungs würden dann mehr lesen!“

Mmmh.

„Und wissen Sie, am Kiosk ist der immer so schnell ausverkauft, und ich würde dann mittags mal schnell zu Ihnen rüberkommen! “

Mmmh!

„Übrigens gibt es auch Mädchen, die Fußball spielen!“

Mmmh.

„Die spielen übrigens sehr gut und würden bestimmt auch gerne in den Kicker gucken!“

Mmmh.

„So, jetzt sind wir fertig, einen schönen Tag noch für Sie!“

Mmmh. Ganke.

Erst drei Tage später erinnerte sie sich an dieses wirklich „dösige“ Gespräch zum Zeitschriften-Bestandsaufbau für Fußballfans. Das Probeheft ist nun bestellt, und vielleicht kann die Direktorin bei der nächsten Behandlung vorab knapp berichten und dann einfach ihre wohlverdiente kleine Runde schlafen! 😉

3 Gedanken zu „Bestandsaufbau, liegend

  1. Na, das würde mich aber mal interessieren, ob der Kicker in der Bibliothek gelesen wird!
    Wahrscheinlich muss man den nur mal ordentlich bewerben und dann ist das ’ne feine Sache …
    Plakat ins Fenster „Am Kiosk schon ausverkauft? Kommen Sie zu uns! Ihr Bibliothek – immer für Sie am Ball“ 😉

  2. Hallo Anna,

    der Slogan ist prima und die Idee, ein Plakat damit ins Fenster zu hängen, gefällt mir sehr!
    Danke!

  3. Hallo an alle Fußballfreundinnen und -freunde!
    Der Kicker ist für die Jugendbibliothek bestellt, die Zeitschrift „11 Freunde“ findet sich jetzt schon im Lesecafé in den Zeitschriftenständern.
    Mein Therapeut war heute ob dieser Nachricht so begeistert, dass er mich „unbehandelt“ liegen lassen und gleich in die Bibliothek laufen wollte. 😉
    Viel Spaß beim Lesen!

Kommentare sind geschlossen.