Feedback

Unsere Bibliotheksdirektorin freut sich immer, wenn die Kundschaft eine Meinung zur Bibliothek entwickelt, sich etwas wünscht oder Vorschläge macht. Manche Vorschläge sind geradezu genial und einfach umzusetzen. Da gibt es aber auch die sogenannten Querdenker, die einen völlig anderen Blick auf die Bibliothek entwickeln:

– „Lassen Sie doch einfach die untersten und obersten Regalbretter frei! Dann komme ich viel besser an alles dran.“ Oder:
– „Können Sie nicht ein paar Zeitungen in den Toiletten auslegen und dort auch ein wenig Musik abspielen?“

Schriftliche Rückmeldung auf den ausliegenden Meinungszetteln machen jedoch am meisten Spaß, so zum Beispiel die von einem 12-jährigen jungen Kunden, der sich zu den  Themen  ‚Freundlichkeit‘ und ‚Internet‘ äußert:

Personal ist inordnung und sehr freundlich. Das anmelden für den Internetzugang finde ich verbesserungswürdig dass Kinder ab 12 Jahren aupwerts sich selbst anmelden könnten ohne dumme Vormulahre der Elten

Es hat also doch was gebracht, die Kinder unter allen Umständen zum Schreiben zu motivieren. Die richtige Rechtschreibung kommt später– das sieht man doch!

Schlüsselqualifikationen

Die allermeisten Leute glauben immer noch, dass es als Qualifikation für die Arbeit in einer Bibliothek völlig ausreiche, lesen zu können. „Das Schwarze sind die Buchstaben“ schrieb schon Hans Weigel und mehr braucht es dann wohl nicht.

„Was, Sie haben studiert? Ja, wofür denn? Und eine Ausbildung von drei Jahren kann man auch bei Ihnen absolvieren? So lange dauert das? Was lernt man denn da so?“ Dann fängt unsere Direktorin an zu erklären und wirft mit bibliothekarischen Fachbegriffen nur so um sich.

Ganz kurz antwortet sie jedoch auf Initiativbewerbungen, mit denen sich Bäckereifachverkäuferinnen, Kindergärtnerinnen, Journalisten, Lehrer, promovierte Germanisten oder auch Industriekauffrauen bei ihr bewerben. „In Beantwortung Ihrer Bewerbung möchte ich Sie darüber informieren, dass in unserer Bibliothek ausschließlich Berufsgruppen eingestellt werden, die  eine Ausbildung im Bereich Bibliothekswesen absolviert haben.“

Die letzte Bewerbung brachte sie jedoch zum Nachdenken. In der Bewerbung um eine Stelle als „Bibliothekerin“ fand sie eine besondere Qualifikation, die in Bibliotheken bis jetzt völlig unbeachtet geblieben war:

Die Dame war ausgebildet für astrologische Beratung und Horoskope, war „Kartelegerin“ und gab unter dem Stichwort „Berufstätigkeit“ an, bei einer Firma „in Fach Astrologi und Kartenlesen“ gearbeitet zu haben.

Na, immerhin kam das Wort „lesen“ drin vor!

Wilde Kerle im Gebüsch

Unsere Bibliotheksdirektorin machte mal wieder Telefondienst, um ihre Theke zu entlasten:  Verlängerungen, Veranstaltungsauskünfte, Vormerkwünsche– alles kein Problem, das macht viel mehr Spaß, als Haushaltssicherungskonzepte zu bearbeiten.  Das Telefon bimmelte ununterbrochen und die Direktorin ging jedes Mal fröhlich dran:

  • „Können Sie mir mal meine Bücher verlängern?“

Klar, kann das die Direktorin, die Leihfrist verlängert sie gleich mit.

  • „Sind beim Gebüsch noch Karten da?“

Schnell wird geklärt, ob  bei der literarischen Wanderung „Lesen im Gebüsch“ noch Restkarten vorhanden sind, und auch diese Mama ist zufrieden.

  • „Kann ich bei Ihnen mal ein bisschen vorlesen?“

Gerne notiert die Bibliotheksdirektorin den Namen der älteren Dame, um sie zum nächsten Vorleseworkshop einzuladen.

  • „Haben Sie was von Leonardo de Windschiet?“

Auch diesem jungen Mann wird geholfen: Die Trefferliste findet 56 Bücher und Filme über Leonardo da Vinci.

  • „Sagen Sie, ist mein Sohn gerade bei Ihnen?“

Der Hausgong mit Durchsage findet den jungen Mann: Er war bei den Mangas versackt und hatte das Mittagessen vergessen.

  • „Sind die wilden Kerle gerade da?“

Hier muss die Direktorin leider passen: „Bei uns arbeiten heute nur Frauen!“

Vom „Schwarzen Loch“

Bibliotheken sind Orte des Wissens: Hier werden Informationen jeder Art gesammelt, aufbereitet und weitergegeben. Doch manchmal gehen bei der Arbeit hier und da gewisse Dinge verloren und werden nie wieder gesehen: neueste Zeitschriftenhefte, die Sackkarre, der Hammer der Bibliotheksdirektorin, die Fernbedienung, nagelneue Sitzkissen, Bücher, Filme, Möbelhunde, Koalaplüschbären oder ganze Teppichrollen.

Die Bibliotheksdirektorin vermutete schon lange, dass sich in ihrem Haus irgendwo ein Schwarzes Loch aufgetan hatte, das wahllos Gegenstände aufsaugt und in sich verschwinden lässt.

Vor ein paar Tagen suchte sie die silbernen Kuchenplatten: Bei einer Lesung sollte Knabberzeug hübsch dekoriert angeboten werden. Nachdem sie die Bibliothek einmal durchkämmt und alle möglichen Liegenbleib-Orte inspiziert hatte, landete sie wieder in der Küche, wo sie die Platten schon zu Beginn vergeblich gesucht hatte. Sie ließ ihren Blick schweifen, öffnete jeden Schrank und jede Schublade: Nichts! Keine Silberplatten zu sehen!

„Dann können die Dinger ja nur oben auf den Hängeschränken liegen!“, sagte sie laut zu sich selbst, schnappte sich einen Stuhl und krabbelte auf halsbrecherische Art auf die Anrichte.

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Alte Bücher an Elektroschrott

Die Menschen haben freundliche Vorstellungen vom Arbeitsleben einer Bibliohteksdirektorin. Hier eine kleine Kostprobe.

Noch im Mantel und vor Eroberung des Arbeitsplatzes findet die erste Besprechung über den Bestseller „Irre“ auf auf der Treppe statt. Der Messebesuch der Azubine wird dabei auch schnell abgeklärt und die Praktikantin lernt– ruck, zuck– wie das  Lochen von vier Löchern geht.

Jetzt den Rechner anschalten, Mantel ausziehen, Luft holen und die Krankmeldungen sichten. Ah, fünf Leute wollen zurückgerufen werden, doch dazu kommt die Direktorin vorerst nicht.  Der Mann am anderen Ende der Leitung ist schneller und will unserer Direktorin eine Beschallungsanlage zum Verleihen an ihre Kundschaft schmackhaft machen. Braucht sie die? Nö!

Kurze Zeit später versuchen am Telefon diverse weibliche Leseratten der frechen Art, ein Engagement in der Stadtbibliothek zu ergattern. Hat die Direktorin Geld dafür? Nö!

Dann ruft ein Händler aus Leipzig an: Alte Bücher will er verkaufen– Gott sei Dank hat die Bibliotheksdirektorin davon selbst genug und sagt: Nö!

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Der Opa und die Sophie

„Ich habe die Sophie ganz bestimmt abgegeben!“

Der gepflegte Kunde war sehr höflich und wusste noch genau, dass er kurz vor seinem Skiurlaub die Bibliothek aufgesucht und alle Medien abgegeben hatte. Die Bibliotheksdirektorin merkte vor, guckte im Regal, guckte im Rücksortierraum, guckte in der Kinderbibliothek und  stellte die Jugendbibliothek auf den Kopf : Nichts! Die Sophie war wie vom Erdboden verschwunden!  Es war wirklich zum Verzweifeln! Ab Karneval kam der Kunde nun monatlich und fragte nach der Sophie.

„Ja, kann sie nicht doch noch bei Ihnen zu Hause sein?“ fragte die Direktorin vorsichtig.

„Nein, ganz bestimmt nicht!  Wir haben alles auf den Kopf gestellt, sie muss in der Bibliothek sein!“

Die Besuche des Kunden wurden seltener. Es kamen der Frühling, der Sommer und der Herbst mit seinen Nebeln.

Mitte September war der Mann wieder da und siehe da:  Er hatte die gesuchte Sophie in der Hand und wedelte stolz damit herum. Es handelte sich übrigens  um die DVD  „Sophie Scholl – die letzten Tage“.

Der Opa der Familie hatte die Sophie– ohne es zu merken– seit Februar in seinem Einkaufsbeutel durch die Stadt getragen. Wie der Film in Opas Beutel kam, wird auch dem Opa für immer ein Rätsel bleiben. 😉

Vollständig abgerechnet

„Reisekostennachweis“ stand über dem unpersönlichen Ausdruck mit dem Zusatz „Kernverwaltung“ . Die Direktorin las mit Interesse:

Reiseziel:  9.2.2009 bis 9.2.2009 – 9 bis  bis 16:30 Uhr

Grund/Ort/Land: Dienstreise, Düsseldorf, Deutschland

Tätigkeit: sonstige

Tagegeld: Anzahl 1

Erstattungsbetrag in EUR: 0,00 (0,00 EUR Firma AbzgFi.)

Gesamtbeträge Tagegeld in EUR: 0,00

Gesamtbeträge Pauschalabrechnung in EUR: 0,00

Erstattungsbetrag in EUR: 0,00

Kostenzuordnung/Überzuleitender Reiseaufwand in EUR: 0,00

„Huch!“, dachte die Direktorin, „da muss ich aber aufpassen, dass ich nicht alles auf einmal ausgebe.“

Sie stutzte und schaute noch einmal aufs Datum. War sie nicht genau an diesem Tag ganz woanders gewesen? Sie prüfte ihren Kalender:

Tatsächlich! Sie war an dem Tag in Reutlingen und nicht in Düsseldorf! Der Geldsegen war gar nicht für sie bestimmt, sondern für eine Kollegin beim Bauamt.

Na, die wird sich aber freuen! 😉

Die absolute Singlebörse

Der Punker sah ziemlich wüst aus, marschierte stracks  zur Anmeldung und ließ sich einen nagelneuen Bibliotheksausweis ausstellen. Er blickte staunend umher und meinte: „Boa, ist ja geil hier!“

Dann verlor die Bibliotheksdirektorin den bunten Vogel aus den Augen. Zwei Stunden später tauchte er wieder im Erdgeschoss an der Ausleihtheke auf. Mindestens 15 Bücher schob er freundlich zum Verbuchen rüber und strahlte über das ganze Gesicht.

„Hey, das ist ja noch geiler, als ich dachte! Das ist hier ja die absolute Singelbörse! Ich hab’ jetzt zwei Dates und  ’nen Stapel Bücher– ich komm’ jetzt öfter!“

Zicke am Strand

Die Direktorin genoss ihren Urlaub. Sie verschwieg nun lieber ihren Beruf und sprach stattdessen nur noch lose von der Medienbranche: e-papers, newspapers, e-books. Die frisch eingetroffenen Briten waren „just impressed“, der fidele Rentner war schon abgereist und das Lesen am am Strand erzeugte keine Verdachtsmomente.

Der Zickenüberfall passierte gegen 16 Uhr. Weit oben am Berg stehend hatten sie uns Strandbewohner tagelang beobachtet und stapften nun wild entschlossen bergab. Die Böcke sicherten in der letzten Kurve die Straße, am Zugang zum Strand hielten die kräftigsten Meckerziegen Wache und ließen ihre beste Zicke auf uns los, ein drahtiges beige-braunes Tier. „Määäh!“

Erschreckt sprangen die Urlauber von den Handtüchern. „Määäh!“

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Solo an der Ausleihtheke

Bibliotheken sind Orte der Stille– zumindest versuchen sie das zu sein! Das soll durch Regeln, Hinweise oder auch den Einsatz entsprechender Geräte bewerkstelligt werden.

Zu diesen  Geräten gehören auch CD-Abhörstationen: Verteilt im ganzen Haus kann man dort stundenlang sitzen, träumen, sich ausruhen, mit den Füßen wippen, eine kleine Auszeit nehmen und derweil Hörbucher, Popmusik, Meditationsklänge oder anderes anhören.

Unsere Direktorin kam zur abendlichen Öffnungsstunde an die Ausleihtheke. Sie schaute sich irritiert um– sangen die Kolleginnen jetzt neuerdings bei der während der Ausleihe? Das musste aber noch besser werden! Ein genauer Blick genügte: Nein, die Damen lächelten, sangen aber nicht. „Wer singt denn da so schief?“ fragte sie staunend … Weiterlesen