Wenn Engel mal müssen

Die Kinderbibliothek war mal wieder rappelvoll – 60 Minis im Vorschulalter hatten die Pinguingeschichte von „Tacky“ gehört und malten, klebten und schnitten nun eifrig an ihren Tanzpinguinen herum. Der krönende Abschluss der Bilderbuchstunde, laut und vor allem schön schief zu singen, stand noch bevor. Da löst sich auf einmal ein Engelchen, ja wirklich, mit goldenen Locken und einem wunderschönen Gesichtchen, aus der Gruppe, zupft mich durchaus kraftvoll am Ärmel und sagt: „Du, ich muss mal!“

„Wirklich süß, die Kleine“, denke ich und sage: „Pass auf, Du gehst jetzt hier raus und dann nimmst Du einfach die erste Türe links“.

Kurze Zeit später steht das Engelmädchen wieder vor mir und fragt vorwurfsvoll: „Ja, wo ist denn hier links?“

Ja du liebe Bibliotheksdirektorin, wie konntest Du denn so dumm sein! Wer weiß denn in dem Alter schon, wo links ist? Ich nehme also das Engelchen an die Hand und gehe gemeinsam mit der Kleinen zur Mädchentoilette. Die Frage „Soll ich Dir helfen oder kannst Du das schon selbst?“ wird äußerst knapp mit „Kann ich alleine, ich mach das im Stehen!“ gekontert. Wow, ich fange langsam an, die kleinen Mädchen von heute zu bewundern– die scheinen sich doch über gewisse Körperlichkeiten einfach mit Willenskraft hinwegsetzen zu können. Allerdings kommen mir auch Zweifel, wie das jetzt ohne nasse Hose abgehen soll.

Und dann? Tja, da haste dich mal wieder vertan, liebe Direktorin! Das Engelchen hieß Marvin und war ein echter Junge, der genauso strullerte, wie echte Jungs das machen: Im Stehen nämlich!

Ein Gedanke zu „Wenn Engel mal müssen

Kommentare sind geschlossen.