Pizza, Party, „Papa pomm“

Unsere Sommer-Lese-Club-Party war superlecker: 120 Kids ab 8 Jahren waren da, und alle hatten in den großen Ferien zwischen 3 und 30 Bücher gelesen. Die Bürgermeisterin sprach kurz und knackig, und wer das Literaturquiz gelöst hatte, wurde mit Gummibärchen beglückt. Clown Pipina kippte Glitzer und Glimmer über den Kindern aus und hampelte ordentlich herum: Die vielen Luftballon-Hündchen, die so schön quietschten, mussten ja schließlich verteilt werden!

Oh, die Pizza ist schon da! 20 Minuten zu früh! Die Bibliotheksdirektorin verschwand hinter einem Berg von Pappkartons und schleppte die duftenden Margheritas ins Lesecafé. Die Stücke flogen nur so auf die Teller, und nach 20 Minuten waren alle Leseratten satt.

Alle? Nein! Ein kleiner Fahrradfahrer mit galaktischem Helm– vielleicht 4 Jahre alt– war von draußen dem leckeren Geruch gefolgt und bahnte sich seinen Weg durch die Menge. „Papa pomm, Pizza!“ Drei Männer folgten dem Kleinen, alle hatten eine Flasche Bier in der Hand und guckten etwas glasig. Nachdem die Direktorin etwas mühevoll die Vaterschaft klären konnte, schickte sie die beiden Nicht-Väter  mit den 3 Blierflaschen nach draußen, denn der Knirps wartete nun schon länger auf seine Pizza.  Zum Nachtisch gab’s einen Luftballon-Dackel und für die Direktorin ein strahlendes Kinderlachen.

Zicke-zacke, frère Jacques

Die zweisprachige Vorlesestunde war richtig lecker: Alle Vorleseclubkids lernten das Land Frankreich bei Camenbert, deftiger Wurst und Baguettes kennen und futterten, als hätten sie tagelang nicht gegessen. Die Mamas auf den Stühlen schämten sich heftig.

„Jaques, nun lass doch den anderen Kindern auch was übrig! Du hattest doch heute Mittag gerade noch zwei Teller Nudeln!“

Jaques war das egal, der Camembert war nämlich so köstlich, dass er und sein kleiner Bruder Maurice immer wieder zugreifen mussten.

Die beiden Jungs waren sowieso die Stars, weil ihr Papa nämlich Franzose ist, und so konnten sie super angeben, auf Französisch bis zehn zählen, und die Farben der französichen Flagge mal eben mit  „rouge, bleu, blanc“ beschreiben. Doch bevor das Vorlesen von „Le joueur de flûte de Hamlin“ dran kam,  musste noch gesungen werden:

Frère Jacques, Frère Jacques,
Dormez vous? Dormez vous?
Sonnez les matines, sonnez les matines
Ding Ding Dong, Ding Ding Dong.

Selbstverständlich legte sich unser Bibliotheks-Jacques dann auch als erster hin, um den Frère Jacques zu spielen. Doch statt mitzusingen, legten sich alle anderen Kinder selbst lieber auch hin und machten einen auf fauler Bruder.

Als dann aber  die deutsche Schulhof-Fassung gesungen wurde, waren plötzlich alle wieder wach und konnten kräftig mitsingen:

Frère Jacques, Hühnerkacke,
Dormez vous? Alte Kuh?
Sonnez les matines, alte Waschmaschine
Ding Ding Dong, Ding Ding krack.

Buttern im Gebüsch

Unsere Bibliotheksdirektorin freute sich auf ihre jährliche Hexen-Wanderung: „Lesen im Gebüsch“ war ausverkauft und 32 Grundschulkinder marschierten bei schönstem Wetter los.

Die Mädchen waren in der Überzahl und begannen sofort damit, einen Blumenstrauß aus Butterblumen zu pflücken. Damit verfehlten sie zwar das naturkundliche Lernziel, hatten aber zum Ausgleich extra schöne Schuhe angezogen: rosafarbene Ballerinas und weiße Glitzersandalen. Die Butterblumen wurden jedoch bald langweilig, denn jetzt sollten alle Kids das Sitzen üben, ohne dass der Popo den Boden berührt. Das klappte allerdings nur bergauf; bergab plumpsten alle, die es ausprobierten, auf den Allerwertesten und kugelten den Hang herunter. Dann musste ganz rasch „Indianerpflaster“ gefunden werden: Gina hatte sich das Bein aufgeschürft, und beim Brennesseltest war einigen Kindern das beherzte Zupacken nicht auf Anhieb gelungen.

Das Einsammeln der Johanniskrautblüten, das so gut gegen traurige Gefühle hilft, hatten die Jungs komplett verpasst: Für sie war die Wanderung schon deshalb großartig, weil sie mit einem Stock das wuchernde Gebüsch niedermachen durften. Als sie aber die Füße zur Erfrischung in einen Murmelbach halten sollten, mussten das die „Oberhexen“ erstmal vormachen.

„Bevor wir die nächste Geschichte vorlesen, brauchen wir einen stärkenden Zaubertrank!“ rief die Zauber-Direktorin ihren Lehrlingen zu. Weiterlesen

Herkunftsfrage

Der stille Junge mit den großen Augen hatte in der arabisch-deutschen Vorlesestunde  für Kinder ab vier  Jahren alles verstanden.

Mohammed, der Vorlesepate,  hatte  zuerst sein arabisches Kopftuch aus der Tasche geholt, erklärt,  warum das bei Sonne, Wind, Kälte und Hitze so praktisch ist, und gezeigt, wie man es auf dem Kopf gut festbindet.  Dann kam das Vorlesen– wunderschön – Applaus von der Kinderschar! Das Aussprechen arabischer Wörter klappte auch bei unserer Bibliotheksdirektorin ganz gut und dann ging das Erzählen los,  auf arabisch und deutsch.

Irgendwann kam die Frage auf, aus welchem Land denn die Kinder oder deren Eltern und Großeltern  stammen. Der Kleine verstand die arabischen Sätze, nickte still, sagte aber nichts. Die vielen arabischen und deutschen Sätze entlockten ihm kein Wort, er schwieg, nicht trotzig, eher erstaunt. Alle großen und kleinen Zuhörer waren nun sehr gespannt darauf, woher der Junge käme. Und in die gespannte Stille hinein antwortete der Junge mit glasklarer Stimme: „Blumenstraße!“

Hilfskräfte

Die Bibliotheksdirektorin hatte in Kinderbibliothek ein großes Chaos veranstaltet. Alle Kassetten waren aus den Trögen geräumt, mindestens die Hälfte sollte aus dem Bestand genommen werden. Hier hatte sie die Serien mit Hanni und Nanni, den Drei ??? und der Hexe Lilli aufeinander gestapelt, dort lagen alle Preußler-Kassetten nebeneinander, Astrid Lindgren war schon dreimal umgefallen und Erich Kästner war auch aufgeschichtet. Mit zwei Bücherwagen hatte sie sich eingedeckt, doch das reichte nicht: Auch der Boden zu ihren Füßen war voll, sie konnte kaum noch treten. Genau in dem Augenblick kam ein kleiner Knirps angerobbt: „Kann ich die Biene Majas haben?“

„Ok, nimm sie Dir“, gab sie die alten Kassetten nochmal zu Ausleihe frei. Drei weitere Jungs guckten auch ganz interessiert und durften 6 TKKG-Kassetten einpacken. Die Olchies fanden auch auf einmal neue Liebhaber, denn es war wie immer: Soll etwas weggeworfen werden, wird es auf einmal wieder interessant für die kleine Kundschaft. Kinder sind da wie Katzen, je chaotischer der Laden ist, desto besser …

Aber dann kamen Sven und Lars, zwei Fans der Direktorin. „Was machst Du da?“, fragten sie zutraulich. „Können wir dir helfen?“ Voller Vorfreude guckten die beiden Brüder die Direktorin an.

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Ein Wunder

Der SommerLeseClub startete bereits zum dritten Mal und bekam eine neue Regel: Über jedes gelesene Buch musste ein Blogbeitrag auf der Jubiso veröffentlicht werden. Das langwierige und flüchtige Nacherzählen der Bücher sollte der Vergangenheit angehören.

Die Direktorin und ihre Editorin halfen den kleinen AutorInnen kräftig, formulierten mit, auch mal ganz neu oder völlig um. Sie hatten bis in die Nächte zu tun, erklärten Buttons und schalteten Beiträge frei– nie ohne motivierend zu gratulieren. Dabei entdeckten die beiden echte Naturtalente, Stilblütenblogger und faule Säcke, die nur das Minimum von drei Bücher ins Internet brachten. Der Administrator des Blogs, kurz admin genannt, hielt sich im Hintergrund, konzentrierte sich auf  Tipps aus dem formal-technischen Bereich und schickte Begrüßungsmails an die Neuen: Unterschrift admin.

Bei der Abschlussparty lernten sich dann alle bei Pizza Margherita kennen. Ein kleiner Fünftklässler schlich dabei immer um den admin herum. Als die Bibliotheksdirektorin ihn aufmunternd ansprach, purzelte es aus ihm heraus:

Der admin ist ja ein Mensch!

Der admin verbeugte sich lächelnd und reichte dem Kleinen die Hand.

High School der Ottografri

Die Bibliotheksdirektorin machte mal wieder Spätdienst in der Kinderbibliothek. Sie lehrte die Kids im ganzen Satz zu sprechen, rückte Klomünzen heraus, zählte 3-mal alle Spielkarten vom ‚Verrückten Labyrinth‘ und druckte für schüchterne Mädchen hübsche Jungs in Farbe aus. Sie half jedem auf die Sprünge, auch der Mutter, die für ihre 10-jährige Tochter die Hausaufgaben erledigte und die Ergebnisse der vor kurzem stattgefundenen Kommunalwahl brauchte.

Dann kam eine süßes, freundliches Mädchen zur Tür herein, das wohlerzogen nach dem „High School Musical“ fragte. Das Kind hatte alle Benimmregeln drauf. Die Direktorin freute sich und half sofort.

„Schau mal, hier ist der Katalog, da tippst Du einfach das ein, wonach Du suchst, drückst auf ‚Suchen‘ und dann klicken wir uns durch die angezeigte Liste, ja? Kannst Du denn ‚High School Musical‘ schreiben?“

„Ja klar!“, antwortete die Kleine  und legte los. Den Blick auf die Tastatur geheftet, tippte sie konzentriert und rief nach einer Weile: „Aber hier ist ja gar nichts!“

Die Direktorin wollte das nicht glauben, kehrte zum OPAC zurück und las folgende wunderschöne Buchstabenkreation:

hei scul mjusikal

Eisgekühlte Coca-Cola

Die Kleine war hübsch und temperamentvoll,  hatte dunkle, volle Locken und bewegte sich anmutig.  Sie kam immer allein in die Bibliothek, stromerte herum und zettelte zielgerichtet Streit an:  Zur Einstimmung schubste sie die Kleinen am Bilderbuchtrog zu Boden, warf ein paar Schaukeltiere um, beschimpfte anschließend ein paar Größere in bestem Gossenjargon und ließ aus ihren Augen wütende Blitze funkeln.  Doch als sie der Bibliotheksdirektorin vors Schienbein trat und den Mund zum Anspucken spitzte wollte, reagierte diese  blitzschnell: Weiterlesen

Dufte Mädels

Die beiden Mädchen waren etwa 10 Jahre alt, also noch in der Rosa-Phase.  Sie  schritten Hand in Hand die Treppe zur Jugendbibliothek  hinauf und übten sich im aufreizenden Hüftgang. Ihr Blick war offen, sie lächelten etwas ins Leere und suchten ihr Publikum.  Die Direktorin stand am Aufzug und merkte auf: „Mmmh, hier riecht aber jemand gut!“, sagte sie.

„Das sind wir!“, sagten die beiden zutraulich und lächelten süß. „Wir waren nämlich gerade bei Douglas, haben dort alles ausprobiert und uns geschminkt, weil wir doch in die Jungenbücherei wollten. Wo sind denn hier die Jungs? Und wo ist die Mädchenbücherei?“

Beide klapperten so liebreizend mit den Augen, dass die Direktorin es aufrichtig bedauerte, dass gerade keine Jungs in der Jugendbücherei waren.

Lausige Zeiten

Da sprangen doch zur Unterrichtszeit am letzten Freitag zwei Schulkinder in der Kinderbibliothek herum– besonders das Hochbett hatte es ihnen angetan.  Sie waren richtig gut gelaunt und hopsten rein, dann wieder raus, dann darauf herum und: Purzelbaum! „Mensch, hier ist es aber toll!“

Die Bibliotheksdirektorin guckte sich das alles nicht ohne Wohlwollen an. Doch erinnerte sie sich an die mahnenden Worte des städtischen Jugendrichters: „Wenn Kinder oder Jugendliche straffällig geworden sind, haben sie sehr oft eine Schulschwänzer-Karriere hinter sich!“

„Warum seid ihr eigentlich nicht in der Schule? Machen Eure Lehrer einen Ausflug?“

„Nö!“, kam die fröhliche Antwort. „Wir dürfen nicht in die Schule gehen, wir haben  gerade Läuse! Und weil es zu Hause so langweilig ist, meinte meine Mutter, wir sollten doch mal in die Kinderbibliothek gehen! Hier ist es doch immer so schön und spannend!“

Fassungslaus kratzte sich die Direktorin am Kopf …