Ganz viele BibliotheksdirektorInnen

Selbstverständlich fährt die Bibliotheksdirektorin mit dem ÖPNV, sofern sie nicht haufenweise Bücherkisten oder leseförderndes Spielzeug mitnehmen muss. Die letzte Reise ging nach Heidelberg und außer den Tagungsunterlagen, einem kleinen Koffer und einem Bookcrossing-Buch über den Humor der Heidelberger gab es nichts zu schleppen.

Die Reise ging morgens um 8:45 Uhr los und gleich der erste Zug hatte 5 Minuten Verspätung. Das ging noch; der Anschluss klappte trotzdem, wenn auch knapp.

Im ICE 515 richtete sie sich gemütlich ein, las, döste etwas und wollte dann einen Kaffee trinken. Die Bahn-Kellnerinnen wuselten an ihrem Kaffeeschalter 10 Minuten irgendwie herum und waren erstmal nicht bereit, ein Getränk herausrücken. Naja …

Auf dem Rückweg zum Platz geht man am besten noch schnell aufs WC. Gedacht, getan! Unter höchster Körperspannung – man will ja dort nichts berühren– spürte die Bibliotheksdirektorin, dass sich der Zug in eine Linkskurve neigte. In diesem Augenblick traf sie ein harter Schlag von rechts. Sie schrie auf und dachte eine Sekunde lang, dass der Zug umgekippt sei!

Doch nein, keine Sorge! Es hatte sich nur die Waschtischtür komplett aus der Verankerung gelöst und war mit voller Wucht auf ihren Ellenbogen geknallt. Das Zurückdrücken gelang nicht, und vom Zugpersonal war nach der Fahrkartenkontrolle auch nichts mehr zu sehen.

Dafür hatte der Zug dann 4 Minuten Verspätung und der Anschlusszug nach Heidelberg war erst mal weg. Der Arm wurde blau und schwoll etwas an und sie versteckte die hässliche Stelle während der Tagung.

Dort konnte man gleich 40 Bibliotheksdirektorinnen und Bibliotheksdirektoren auf einen Schlag beisammen sehen– welche Freude! BibliotheksdirektorInnen sind ausgesprochen spannend, spritzig und voller Humor! Sie hörten sich Verbandsnachrichten an, wählten neue Vorstände, lauschten soziologischen Erkenntnissen zur Mediennutzung und lernten das Neueste zum Thema Web 2.0. Beim Thema „Deutsche Internetbibliothek“ diskutierten sie hart aber fair. Alle kamen zu Wort, an das Ergebnis kann ich mich jetzt gerade nicht erinnern.

Abends wurde dann gesungen: Unsere Bibliotheksdirektorin brachte die KollegInnenbande doch tatsächlich dazu, ein spontanes „Bella Ciao“ zum Besten zu geben. Demnächst machen wir das professionell. Dann kann man uns buchen; wir singen alles, egal zu welchem Anlass! 😉 Tja, jede Tagung geht einmal zu Ende!

Die Rückfahrt gestaltete sich dann sportlich: In Köln schaffte es unsere Direktorin, die Zugverspätung durch einen kurzen Sprint von Gleis 5 nach Gleis 2 auszugleichen und kurz vor Schluss der Reise ihren letzten IC noch zu erwischen.

Der hatte (diesmal zu Gunsten der Direktorin) eine deutliche Verspätung und war so proppenvoll, dass sie ihren reservierten Platz nicht erreichen konnte, weil sie die nächstbeste Tür zum Einsteigen nutzte. Zum Ausgleich dafür war die Klimaanlage ausgefallen, und stiernackige Kölsch-Trinker hingen auf den Gängen rum. An der WC-Tür hatte sich die Bahn einen Scherz erlaubt und das Wort „Besenkammer“ über das Schild geklebt. So bleibt das da immer schön sauber, nicht wahr!?

Die Reise endete mit einem kompletten Stromausfall am Zielbahnhof. Der Taxifahrer war dafür super nett und was vernahm die Direktorin aus Autoradio? Partisanenlieder! Wahrscheinlich war er in seinem ersten Leben Bibliotheksdirektor! 😉