Am Abend des 29.11.2006 wollte ich meinen Augen nicht trauen: Im Erdgeschoss der Stadtbibliothek lief gegen 16:15 Uhr ein schwerbewaffneter junger Mann herum. Das imposante Gewehr in Vorhalte gebracht, hatte er die Fläche zwischen Ausleihtheke und Kinderbibliothek voll im Griff. Durchtrainiert, locker und mit souveräner Beinarbeit bewegte er sich immer hin und her.

Sollte ich es wagen, ihn anzusprechen? Immerhin ist es doch meine Pflicht, Blutbäder zu verhindern, oder? Ich beugte mich also herab und sprach den Dreikäsehoch an: „Weißt Du nicht, dass Waffen in Bibliotheken verboten sind? Wir sind hier für Frieden und Gewehre sind ein Zeichen der Gewalt!“ Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen, dazu recht vorwurfsvoll und völlig selbstsicher:

„Aber das ist doch ein Spielzeuggewehr, siehst Du das denn nicht?“ Ich hörte deutlich heraus, dass der schlagfertige Kämpfer mich für völlig blöde hielt.

Meine Antwort hat den kleinen Waffenträger dennoch irgendwie beeindruckt: „Ja, aber die sieht doch völlig echt aus!“, sagte ich nämlich. “ Pack’ die Knarre weg, schnell! Am besten schiebst du sie unter den Anorak!“

Der Kleine schaute sich sich in James-Bond-Manier verstohlen nach allen Seiten um, sicherte die Umgebung und schob das Gewehr unauffällig unter seine rot-blaue Kinderjacke. In aufrechter Haltung lief er dann noch ein bisschen herum, bis alles unter Kontrolle zu sein schien.

Wann er ging und wo er das Gewehr zur Verteidigung der Menschheit wieder ausgepackt hat, kann ich leider nicht sagen …

Auch die dazugehörigen Erziehungsberechtigen sind weder spielerisch noch ernsthaft Erscheinung getreten. Wir werden daher in Kürze unseren Schilderwald erweitern und einen Aufsteller mit folgendem Text in den Eingang stellen:

„Pistolen, Gewehre und sonstige Waffen sind während Ihres Besuches in der Stadtbibliothek in den Schließfächern zu verstauen!“

(Hoffentlich liest dem Kleinen die Mama das dann mal vor!) 😉