„Von Witzbolden und Kichererbsen“ heißt der Vorleseclub, der immer dienstags für Kinder ab 5 Jahren im Angebot ist. 20 ehrenamtliche Vorlesepatinnen und -paten sind dort allwöchentlich im Einsatz und versprechen Spaß und Gelächter für die kleinen Geschichten-Fans. Unsere Bibliotheksdirektorin hat die Vorlesenden ordentlich ausgebildet– alle zwei Jahre kommen neue Vorleserinnen und Vorleser dazu, andere hören auf. Ganz besonders froh ist die Direktorin, wenn sich Jungs oder Männer ausbilden lassen: Das erleichtert die Leseförderung für Jungen sehr.
Der jüngste Vorleser– nennen wir ihn mal HM (der echte Name ist der Direktion bekannt!)– ist ziemlich cool: 14 Jahre alt und gehört in die Gruppe „männliche Jugendliche mit Migrantenhintergrund“. Der Knabe hat Talent, und heute war er zum ersten Mal mit Vorlesen dran. Freudig wird er von der Bibliotheksdirektorin empfangen.
– „Hallo HM, da bist Du ja, prima! Was wirst Du denn vorlesen, wo ist denn Dein Buch?“
– „Buch?“
– „Ja, Dein Buch, wo ist es denn? Du bist doch sicher vorbereitet und hast geübt?“
– „Äh, also, ehm: Ich hab’ kein Buch.“
– „Wie, Du hast kein Buch? Wie willst Du denn dann vorlesen?“
– „Ähm, also, ich hatte gedacht … also, ehm …“
Die zweite Vorleserin– eine erfahrene Kraft– schnappte sich den jungen Mann kurzerhand und sagte: „Das machen wir schon!“, und eh sich der Jüngling versah, musste er einzelne Seiten aus einer gereimten Hasengeschichte vorlesen. Er stolperte mit großer Gelassenheit durch den Text, malte mit den Kindern dann Hasenkörbchen der schönsten Art und brauchte am Ende 20 Minuten, um fünf alphabetisch einsortierte Namenskarten zu finden. Zum Glück kam dann aber einer seiner Kumpel vorbei, und HM beendete die Vorlesestunde mit den Worten: „Hey Alter, das iss hier ja voll anstrengend!“