Zur geistigen Erbauung veranstalten Bibliotheken immer mal wieder Autorenlesungen. Das Publikum kommt gerne und die Bibliotheksdirektorin begrüßt alle Gäste persönlich beim Eintreffen. Sie ist schon seit 2 Stunden da, hat den Job des Hausmeisters mal eben selbst erledigt, das Lesecafé umgeräumt und mehr als 50 Stühle hübsch an Tischen platziert. Die Salzstangen sind verteilt, Gummibärchen und Salzlakritze liegen zum Naschen auf den Tischen, und die Getränke stehen zur Selbstbedienung parat. So langsam füllt sich der Raum: Fast 60 Zuhörerinnen sind da, allein die Autorin fehlt. Diese kommt aus der benachbarten Großstadt; unsere Direktorin wird nun langsam nervös. Auf der Straße ist nichts zu sehen– doch schon in fünf Minuten soll es losgehen. Frierend steht die Direktorin vor dem Eingang herum: Hopsen, Springen und Winken ist jetzt angesagt, sobald der Wagen der Autorin erkannt wird, damit diese weiß, wo’s rein geht und nicht womöglich am Eingang der Bibliothek vorbeirauscht.
Um „10 nach“ ruft die Direktorin schließlich auf dem Handy der Autorin an: „Ich bin kurz vorm Ziel. Wir hatten uns verfahren!“, kommt die fröhliche Antwort.
Es folgt eine kurze Ansage für das wartende Publikum, und um „20 nach“ ist es endlich so weit. Die sympathische Autorin ist gelandet, holt 3-mal Luft und legt los. Die Bibliotheksdirektorin sinkt auf einen Stuhl, freut sich auf eine kurzweilige Lesung und macht es sich gemütlich. Weiterlesen