Styling ist alles

Unsere Direktorin war mal wieder im Fernsehen. Der lokale Sender brauchte in der Ferienzeit einen Studiogast, das Thema hieß „Bookcrossing mit 1.000 Büchern am Ostersonntag“, und so verbrachte sie den Karsamstag bei Filmaufnahmen. Morgens fand der Dreh vor Ort statt, am Abend war dann der Liveauftritt im Fernsehstudio des Lokalsenders.

Schön geschminkt und zurechtgemacht verließ die Bibliotheksdirektorin die Maske und betrat das Studio: Der Lippenstift glänzte, die Haare hübsch frisiert und das Rouge zauberte eine kleine Frische auf das mittlerweile etwas ermüdete Gesicht. Abgepudert und aufgedreht beantwortete sie kompetent und aufmerksam die Bookcrossing-Fragen der Moderatorin.

Zwei Tage später wurde die Direktorin in der Bücherei verfolgt. „Waren Sie das nicht letztens im Fernsehen?“ fragte ein älterer Herr, der sie die Treppe hinauf verfolgt hatte und Blickkontakt suchte. „Sie haben doch über so Bücher gesprochen!“ Die Direktorin nickte, lächelte und freute sich, dass das Thema in den Grundzügen verstanden worden war.

Kurze Zeit später wurde sie von einer Oma am Ärmel gepackt und festgehalten. „Sie waren letzten Samstag im Fernsehen! Ich hab‘ Sie gesehen! Dat waren doch Sie, oder?“ Die begeisterte Oma hielt die Direktorin einfach am Pullover fest und zog ihr den Ärmel immer wieder herunter.

„Ja, Sie haben recht! Wie hat Ihnen denn der Beitrag gefallen?“, fragte die Direktorin zurück.

„Och, wissen S’e, ich war beim Bügeln und hab‘ nich ganz hingehört. Aber d’e Haare hatten S’e schön!“

Omas am Bookshelf

Da stand wieder eine und umkreiste das Bücherregal unserer Bookcrossing-Zone. Es stand Ihr auf die Stirn geschrieben, dass sie die Utta Danella, die dort lag, gerne einpacken würde. Aber irgendwie misstraute sie der Sache und wartete vielleicht darauf, dass ich endlich verschwände.

„Wissen Sie, wie das Bookcrossing funktioniert?“ sprach ich sie freundlich an.

„Das muss ich auch nicht wissen!“ wurde ich angebellt. „Ich bin 87 Jahre alt und so einen neumodischen Quatsch muss ich nicht mitmachen!“ schnauzte sie weiter und stampfte mit dem Gehstock auf, so dass ich meine Füße mal flott in Sicherheit brachte.

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Filmkarriere geplatzt

Es ist Karsamstag. Die Bibliothek ist geöffnet– wie immer bis 16 Uhr– und großer Kundenandrang ist zu erwarten. Eigentlich hat die Bibliotheksdirektorin ja samstags frei, uneigentlich taucht sie aber nicht selten auf, betreut die Vorlesepaten der Samstagsgruppe oder „macht so im Büro herum“.

Für heute hatte sie geplant, so gegen Mittag aufzulaufen und zu schauen, ob alles klappt oder irgendwo Hilfe nötig ist. Da bimmelt gegen 10:30 Uhr ihr heimisches Telefon. Die Info-Bibliothekarin ist dran und berichtet mit schnellen Worten, dass der WDR, diesmal das Fernsehen, in seiner Lokalzeit am Abend etwas über die österliche Bookcrossing-Aktion auf der Korkenzieher-Trasse zeigen möchte: Am besten im Rahmen einer filmbaren Freilass-Aktion mit diversen BookcrosserInnen, die gerade ein paar der insgesamt 800 Bücher aussetzen.

„Mmh“, sagt die Direktorin, „die Aktion ist doch schon vorbei, die war doch gestern! Ab heute setzten alle Bookcrosser ihre Bücher spontan aus!“. Ein neuerlicher Anruf der Kollegin macht Beharrlichkeit deutlich: Der WDR will unbedingt filmen! Die Direktorin guckt an sich herunter: Sie ist noch im Bademantel, oh jesses! So geht das aber nicht! Es folgt ein erster Spurt ins Badezimmer, denn …

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Shampoo und Bookcrossing

BibliotheksdirektorInnen sind unscheinbare Sportskanonen. Im Gewichtheben (Bücherstapel) sind sie große Klasse und auch das sogenannte „Hin-und-Her-Crossing“ auf verschiedenen Bibliotheksetagen hält ihre Waden fit. Wenn das nicht ausreicht, gehen manche sogar ins Sportstudio, üben sich in Pilates, Yoga oder– etwas härter– beim Body Shape und bei T-Bo. Wenn sie erstmal 50 Situps schaffen, tragen sie dann die Bücherberge in der Bibliothek mit straffem, festem Bauch und ausgeprägter Rückenmuskulatur durch die Gänge und Hallen.

Auf der Trainingsfläche zwischen den Sportgeräten im Studio klären sie auch gern mal nebenbei auftretende Fragen der dortigen Kundschaft: „Sag mal, wo ich dich grad sehe, habt ihr eigentlich auch den Hoppenstedt?“ Alles kein Problem! 😉 Das Akquirieren neuer Kundengruppen macht vor keiner Türe halt und ist niemals zu Ende– wir sind stets zu Diensten!

Doch manchmal vermischt sich irgendwie auch alles: Leser sind Sportler, Sportler sind Bookcrosser, Bookcrosser lesen Bibliotheksbücher, Bibliotheksbücher gehen versehentlich verloren und Bookcrossing-Bücher werden absichtlich freigelassen und sollen gefunden werden. Tja, wer soll das denn kapieren und auseinanderhalten können?

Ich hatte eigentlich nur beim letzten Training mein Shampoo vergessen und fragte die junge Studioangestelle, ob es jemand gefunden und abgegeben habe … Weiterlesen