High School der Ottografri

Die Bibliotheksdirektorin machte mal wieder Spätdienst in der Kinderbibliothek. Sie lehrte die Kids im ganzen Satz zu sprechen, rückte Klomünzen heraus, zählte 3-mal alle Spielkarten vom ‚Verrückten Labyrinth‘ und druckte für schüchterne Mädchen hübsche Jungs in Farbe aus. Sie half jedem auf die Sprünge, auch der Mutter, die für ihre 10-jährige Tochter die Hausaufgaben erledigte und die Ergebnisse der vor kurzem stattgefundenen Kommunalwahl brauchte.

Dann kam eine süßes, freundliches Mädchen zur Tür herein, das wohlerzogen nach dem „High School Musical“ fragte. Das Kind hatte alle Benimmregeln drauf. Die Direktorin freute sich und half sofort.

„Schau mal, hier ist der Katalog, da tippst Du einfach das ein, wonach Du suchst, drückst auf ‚Suchen‘ und dann klicken wir uns durch die angezeigte Liste, ja? Kannst Du denn ‚High School Musical‘ schreiben?“

„Ja klar!“, antwortete die Kleine  und legte los. Den Blick auf die Tastatur geheftet, tippte sie konzentriert und rief nach einer Weile: „Aber hier ist ja gar nichts!“

Die Direktorin wollte das nicht glauben, kehrte zum OPAC zurück und las folgende wunderschöne Buchstabenkreation:

hei scul mjusikal

Märchenstunde

Der Mann war in Fahrt, fuchtelte der Bibliotheksdirektorin mit einem Zettel vor dem Gesicht herum und sagte aufgebracht: „Also, das geht doch nicht! Man muss doch von einer Bibliothek erwarten können, dass sie nicht solche Fehler verbreitet!“

Mit Mühe erkannte die Direktorin, dass der flatternde Zettel ein Veranstaltungsflyer aus der eigenen Bibliothek war. Die  Ferienaktion ‚Listige Igel‘ war darauf angekündigt:  Sie selbst hatte den Text entworfen.

Jetzt landete der Zettel direkt unter ihrer Nase: „Schauen Sie doch mal hier, das stimmt doch gar nicht! Das Märchen der Gebrüder Grimm heißt nicht ‚Hans, mein Igel‘, sondern es heißt  ‚Hase und Igel‘! Wie können Sie denn solch einen Quatsch schreiben?“

Der Mann drehte sich wütend auf dem Absatz um und stapfte aufgebracht davon.

Das war sein Glück! Die Bibliotheksdirektorin hatte nämlich gerade ihre frechen fünf Minuten und die Antwort von Dieter Nuhr lag ihr schon auf der Zunge: „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten!“

Vom langsamen Verfertigen der Wahrheit während des Lügens

Die beiden saßen in der Jugendbibliothek am Internet-PC und lachten sich schief! Die Bibliotheksdirektorin freute sich über die gut gelaunte Kundschaft.  Sie näherte sich und fragte natürlich zuerst nach dem gültigen Bibliotheksausweis. Die beiden sympathischen Jungs  mit Migrantenhintergrund verfielen schlagartig in die Comicsprache:

„Aääh, der da!“– „Häh, ich? Nä, du!“– „Ey, wieso ich!?“

Es kam heraus, dass der große Dunkle ordentlich angemeldet war. Der kleine Kräftige aber, der sein Alter mit 15 Jahren angab,  druckste irgendwie herum und faselte von „so einem komischen Buch“.  Die Direktorin merkte, dass da was im Busch war, und prüfte jetzt mit ernstem Blick …

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Wer lesen kann …

Die Direktorin war in München, um einen Workshop für 20 bayerische Kolleginnen und Kollegen zu halten.  In der ehrwürdigen Bayerischen Staatsbibliothek wirkte das Thema fast zu locker:  „Echt cool! Voll fett! Wie holt man Jugendliche in die Bibliothek?“ Der Veranstaltungsraum lag auf der sonst eher ruhigen  Direktionsetage der Staatsbibliothek, die unter anderem auch Inkunabeln und andere Kostbarkeiten sammelt und für die Nachwelt konserviert. Die Schätze sind wertvoll, dementsprechend leise und ehrerbietig benimmt sich die Nutzerschaft.

Die Direktorin schaffte es in der knapp bemessenen Mittagspause, Einlass in die Bibliothek zu erhalten. Der erste Security-Mann ließ sie passieren, da ein Kollege der bayerischen Fachstelle für Bibliotheken für sie bürgte.  Erwartungsvoll betrat sie den riesigen Lesesaal, hob vorsichtig die Füße und versuchte, geräuschlos über den Teppichboden zu gleiten. Es war jedoch wie immer: Hunderte von Menschen dösten hier, schliefen, meditierten oder hingen einfach ab, einige müffelten vor sich hin, schätzungsweise die Hälfte las konzentriert.

Die Direktorin verließ den Schlafsaal und machte sich auf, die Schatzkammer zu erkunden. Auch der zweite Security-Mann ließ sie ein, klaute ihr dafür aber die Handtasche. Der Lesesaal der Schatzkammer war es jedoch wert: Allein die Bleibänder zum Beschweren der großen Folianten waren beeindruckend. Ein Buch zum Angucken hätte allerdings vorab per Leihschein bestellt werden müssen. Also zog die Direktorin wieder ab und schaute sich gleich hinterm Eingang die kleine Vitrinenausstellung wertvoller Handschriften an. Der Raum war abgedunkelt und klimatisiert und hatte zwei Besucher: Eine ältere Dame nebst … Weiterlesen

Ordnung muss sein

Der Junge war vielleicht 6 Jahre alt und hatte schon ein markantes Gesicht. Zielsicher schritt er an die Theke der Kinderbibliothek und traf auf die Bibliotheksdirektorin.

„Kann ich bitte eine eine Eintrittskarte zu der Vorleseaktion ‚Theke oder Tonne‘ bekommen?“ Die Direktorin erfreute sich an der wohlfeilen Formulierung,  führte seinen Wunsch aus und verlangte den Eintrittspreis: 5 Cent – der Rabatt war schon abgezogen.

Das Kerlchen hatte die 5 Cent schon parat, nahm die Eintrittskarte entgegen und blickte die Direktorin mit gerunzelter Stirn an. „Stimmt etwas nicht?“ fragte sie. Weiterlesen

Schneewittchen und die lieben Zwerge

„Vorlesen und selbst Theater spielen!“, stand auf dem Programmzettel und 43 kleine und größere Kinder warteten scharrend vor der Tür der Kinderbibliothek.

„Oh Himmel!“, entfuhr es der Bibliotheksdirektorin: „Die kann ich doch gar nicht alle unterbringen! Mehr als ein Schneewittchen gibt das Märchen nicht her!“ Und dann ging es wie mit dem Brennesseltest: Beherzt zupacken ist das halbe Leben und die Kinderschar stürmte die Bude.

Die Märchenvorleserei klappte noch wunderbar, die Geschichte war klar und die Rollen wurden verteilt. Gleich 10 Kinder wurden zu Bäumen des Waldes und mussten die Arme hochstrecken: „Oh manno, dass ist aber anstrengend!“ Der Wald war ziemlich maulig und erinnerte öfter an ein großes Areal von Trauerweiden: Ständig fielen den Bäumen die Arme runter.

Das Schneewittchen war zwar langhaarig, aber blond, dafür hatte die böse Königin echte Sommersprossen! Der Jäger war auch schnell ausgeguckt, und immer wieder rief die Direktorin: „Wo sind die Bäume, die Bäume? Der Wald kann nicht immer irgendwo herumstehen und träumen!“

Die Zwerge waren dagegen schnell gefunden, waren aber leider ein unzuverlässiges Pack: Meistens waren nur vier von ihnen anwesend: Einer war immer gerade auf dem Klo, ein anderer lümmelte bei den Comics herum, wieder andere versteckten sich zwischen den Bäumen, die dann auch wieder ganz lebendig wurden.

Allein die Bettszene mit Schneewittchen …

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Eine Düsenjäger-Oma

Die Vorlesestunde galt schon als verpatzt, als die Bibliotheksdirektorin die Kinderbibliothek betrat: „Die Schüler, die heute vorlesen sollten, sind nicht erschienen, und das Vorlesebuch und auch alle anderen Raupenbücher sind ausgeliehen! Was sollen wir denn jetzt machen?“

Alle liefen und riefen durcheinander, und panische Ratlosigkeit stand in den Gesichtern: Vor der Tür warteten 20 Vorlese-Club-Kinder, die pünktlich um 15 Uhr zur Raupenvorlesestunde reingelassen werden wollten.

Die Direktorin schob den betreuenden Lehrer freundlich zur Seite und gab vier Kommandos: Weiterlesen

Ritter ohne Langeweile

Dreizehnjährige Jungs können wirklich goldig sein!

Oft finden sie das Lesen voll blöd, haben aber meistens Mamas, die es als eine hohe Tugend preisen.

Der Ausspruch „Junge, lies doch mal was!“ ist für die jungen Herren allein schon nervend, wenn sich die Mamas dann aber erheben und kleine Bücherkisten zur Leseförderung des Sohnemanns in der Bibliothek bestellen, tritt Alarmstufe Rot ein.

Doch damit ist es nicht getan – die lesefördernden Mamas wollen jetzt, dass die werte Nachkommenschaft auch noch einen Bücherwunschzettel erstellt, damit die Bücherkiste ordentlich gefüllt werden kann.

„Och Mama! Was soll ich denn da schreiben? Ich finde Lesen echt anstrengend! Muss ich das wirklich machen?“

All das erzählte die betreffende Mama und überreichte der Bibliotheksdirektorin den mageren Wunschzettel. Was stand drauf?

Thema Ritter

soll in England spielen

Sprache: Deutsch

höchstens 250 Seiten!

keine langweiligen Stellen!

Da hatte die Bibliotheksdirektorin was zu tun! Langweilige Bücher mit mehr als 250 Seiten gibt es nämlich wie Sand am Meer. 😉