Voll die Sofas

Die Bibliotheksdirektorin war mal wieder auf ihrer Patrouille durchs Haus. In der Jugendbibliothek im 2. Stock waren alle Sofas mit knutschenden Pärchen besetzt. Dreimal umkreiste die Direktorin diskret die ineinander verkeilten Haufen und rief dann von Ferne: „Hallo, das Knutschen ist hier nur mit Bibliotheksausweis erlaubt! “

Im 1. Stock lagen zwei Jungs auf den beiden Ledersofas: Jeder hatte seinen Kram irgendwohin gestellt und sich der Länge nach ausgestreckt.  Der größere von beiden klappte nach einiger Zeit ein Auge auf und meinte schlaftrunken: „Isch denke nach, ok?“.  Er sah tatsächlich reichlich verknittert aus und die Direktorin blieb auch hier  gnädig: Eine Mütze Schlaf kann niemandem schaden und stärkt das Hirn. Die beiden Schläfer waren vorbildlich ausgestattet: Sie besaßen jeder einen Bibliotheksausweis.

Im Erdgeschoss schaute sich die Bibliotheksdirektorin unauffällig um: Das Bett in der Kinderbibliothek war gerade frei …

Hilfskräfte

Die Bibliotheksdirektorin hatte in Kinderbibliothek ein großes Chaos veranstaltet. Alle Kassetten waren aus den Trögen geräumt, mindestens die Hälfte sollte aus dem Bestand genommen werden. Hier hatte sie die Serien mit Hanni und Nanni, den Drei ??? und der Hexe Lilli aufeinander gestapelt, dort lagen alle Preußler-Kassetten nebeneinander, Astrid Lindgren war schon dreimal umgefallen und Erich Kästner war auch aufgeschichtet. Mit zwei Bücherwagen hatte sie sich eingedeckt, doch das reichte nicht: Auch der Boden zu ihren Füßen war voll, sie konnte kaum noch treten. Genau in dem Augenblick kam ein kleiner Knirps angerobbt: „Kann ich die Biene Majas haben?“

„Ok, nimm sie Dir“, gab sie die alten Kassetten nochmal zu Ausleihe frei. Drei weitere Jungs guckten auch ganz interessiert und durften 6 TKKG-Kassetten einpacken. Die Olchies fanden auch auf einmal neue Liebhaber, denn es war wie immer: Soll etwas weggeworfen werden, wird es auf einmal wieder interessant für die kleine Kundschaft. Kinder sind da wie Katzen, je chaotischer der Laden ist, desto besser …

Aber dann kamen Sven und Lars, zwei Fans der Direktorin. „Was machst Du da?“, fragten sie zutraulich. „Können wir dir helfen?“ Voller Vorfreude guckten die beiden Brüder die Direktorin an.

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Entspannung am Abend

Zur geistigen Erbauung veranstalten Bibliotheken immer mal wieder Autorenlesungen. Das Publikum kommt gerne und die Bibliotheksdirektorin begrüßt alle Gäste persönlich beim  Eintreffen. Sie ist schon seit 2 Stunden da, hat den Job des Hausmeisters mal eben selbst erledigt, das Lesecafé umgeräumt  und mehr als 50 Stühle hübsch an Tischen platziert. Die Salzstangen sind verteilt, Gummibärchen und Salzlakritze liegen zum Naschen auf den Tischen,  und die  Getränke stehen zur Selbstbedienung parat. So langsam füllt sich der Raum: Fast 60  Zuhörerinnen sind da, allein die Autorin fehlt. Diese kommt aus der benachbarten Großstadt; unsere Direktorin wird nun langsam nervös. Auf der Straße ist nichts zu sehen– doch schon in fünf Minuten soll es losgehen. Frierend steht die Direktorin vor dem Eingang herum:  Hopsen, Springen und Winken ist jetzt angesagt, sobald der Wagen der Autorin erkannt wird, damit diese weiß, wo’s rein geht und nicht womöglich am Eingang der Bibliothek vorbeirauscht.

Um „10 nach“ ruft die Direktorin schließlich auf dem Handy der Autorin an: „Ich bin kurz vorm Ziel. Wir hatten uns verfahren!“,  kommt die fröhliche Antwort.

Es folgt eine kurze Ansage für das wartende Publikum, und um „20 nach“ ist es endlich so weit. Die sympathische Autorin ist gelandet, holt 3-mal Luft und legt los. Die Bibliotheksdirektorin sinkt auf einen Stuhl, freut sich auf eine kurzweilige Lesung und macht es sich gemütlich. Weiterlesen

Lesemotivation

Für unsere Bibliotheksdirektorin war im Rahmen der bundesweiten Bibliothekswoche „Deutschland liest. Treffpunkt Bibliothek“ Nachtarbeit angesagt. An 8 Veranstaltungstagen mit 11 Aktionen begrüßte sie die zahlreich erschienenen Gäste, rappte das Rumpelstilzchen und fiel um Mitternacht völlig erledigt ins Bett. Ein Highlight war der „Ohrclip“ des WDR 5 mit Frank Schätzing und Elke Schmitter. 170 Besucherinnen und Besucher hatten sich angemeldet, es gab Sekt, Selters, Saft und Bionade.

„Mmmh, lecker!“, fand Herr Schätzing und schnappte sich gleich ein Fläschchen Öko-Limo. Die Gäste bedienten sich ebenso, fanden auch die Knabbereien lecker und alles war prima.

Zwei Tage später stand der Vortrag „Was ist eigentlich ‚Gute Literatur‘?“ auf dem Programm. Auch zwei außergewöhnlich aussehende Männer hatten sich diesmal eingefunden, zögerten aber etwas, den eigentlichen Vortragsraum zu betreten.

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Ein Wunder

Der SommerLeseClub startete bereits zum dritten Mal und bekam eine neue Regel: Über jedes gelesene Buch musste ein Blogbeitrag auf der Jubiso veröffentlicht werden. Das langwierige und flüchtige Nacherzählen der Bücher sollte der Vergangenheit angehören.

Die Direktorin und ihre Editorin halfen den kleinen AutorInnen kräftig, formulierten mit, auch mal ganz neu oder völlig um. Sie hatten bis in die Nächte zu tun, erklärten Buttons und schalteten Beiträge frei– nie ohne motivierend zu gratulieren. Dabei entdeckten die beiden echte Naturtalente, Stilblütenblogger und faule Säcke, die nur das Minimum von drei Bücher ins Internet brachten. Der Administrator des Blogs, kurz admin genannt, hielt sich im Hintergrund, konzentrierte sich auf  Tipps aus dem formal-technischen Bereich und schickte Begrüßungsmails an die Neuen: Unterschrift admin.

Bei der Abschlussparty lernten sich dann alle bei Pizza Margherita kennen. Ein kleiner Fünftklässler schlich dabei immer um den admin herum. Als die Bibliotheksdirektorin ihn aufmunternd ansprach, purzelte es aus ihm heraus:

Der admin ist ja ein Mensch!

Der admin verbeugte sich lächelnd und reichte dem Kleinen die Hand.

„Diplom-Kaninchen“ und Leseratte

Woher es kam, wusste niemand so genau. Wie lange es schon zwischen den Regalen herumhoppelte, konnte auch die Bibliotheksdirektorin nicht sagen. Welches Buch es gerade suchte, war auch nicht zu erkennen. Jedenfalls wurde ein schwarz-weißes Hauskaninchen in der Kinderbibliothek entdeckt. Die Jungs von der Feuerwehr kamen sofort, fingen es sanft ein und zollten dem Einsatzort Respekt: Sie tauften das etwas schmuddelige Hoppel-Tier  „Diplom-Kaninchen“.

Wenige Tage später traute die Direktorin ihren Augen nicht: Da marschierte doch tatsächlich während der täglichen Vorlesestunde eine Ratte zur Türe herein.  So eine Kuh-Ratte, mit schwarzen und weißen Flecken. Ohne zu zögern bog das Nagetier nach rechts in die Kinderbibliothek ab und verschwand unter dem Himmelbett, wahrscheinlich um heimlich zuzuhören. Weiterlesen

Der Opa und die Sophie

„Ich habe die Sophie ganz bestimmt abgegeben!“

Der gepflegte Kunde war sehr höflich und wusste noch genau, dass er kurz vor seinem Skiurlaub die Bibliothek aufgesucht und alle Medien abgegeben hatte. Die Bibliotheksdirektorin merkte vor, guckte im Regal, guckte im Rücksortierraum, guckte in der Kinderbibliothek und  stellte die Jugendbibliothek auf den Kopf : Nichts! Die Sophie war wie vom Erdboden verschwunden!  Es war wirklich zum Verzweifeln! Ab Karneval kam der Kunde nun monatlich und fragte nach der Sophie.

„Ja, kann sie nicht doch noch bei Ihnen zu Hause sein?“ fragte die Direktorin vorsichtig.

„Nein, ganz bestimmt nicht!  Wir haben alles auf den Kopf gestellt, sie muss in der Bibliothek sein!“

Die Besuche des Kunden wurden seltener. Es kamen der Frühling, der Sommer und der Herbst mit seinen Nebeln.

Mitte September war der Mann wieder da und siehe da:  Er hatte die gesuchte Sophie in der Hand und wedelte stolz damit herum. Es handelte sich übrigens  um die DVD  „Sophie Scholl – die letzten Tage“.

Der Opa der Familie hatte die Sophie– ohne es zu merken– seit Februar in seinem Einkaufsbeutel durch die Stadt getragen. Wie der Film in Opas Beutel kam, wird auch dem Opa für immer ein Rätsel bleiben. 😉

High School der Ottografri

Die Bibliotheksdirektorin machte mal wieder Spätdienst in der Kinderbibliothek. Sie lehrte die Kids im ganzen Satz zu sprechen, rückte Klomünzen heraus, zählte 3-mal alle Spielkarten vom ‚Verrückten Labyrinth‘ und druckte für schüchterne Mädchen hübsche Jungs in Farbe aus. Sie half jedem auf die Sprünge, auch der Mutter, die für ihre 10-jährige Tochter die Hausaufgaben erledigte und die Ergebnisse der vor kurzem stattgefundenen Kommunalwahl brauchte.

Dann kam eine süßes, freundliches Mädchen zur Tür herein, das wohlerzogen nach dem „High School Musical“ fragte. Das Kind hatte alle Benimmregeln drauf. Die Direktorin freute sich und half sofort.

„Schau mal, hier ist der Katalog, da tippst Du einfach das ein, wonach Du suchst, drückst auf ‚Suchen‘ und dann klicken wir uns durch die angezeigte Liste, ja? Kannst Du denn ‚High School Musical‘ schreiben?“

„Ja klar!“, antwortete die Kleine  und legte los. Den Blick auf die Tastatur geheftet, tippte sie konzentriert und rief nach einer Weile: „Aber hier ist ja gar nichts!“

Die Direktorin wollte das nicht glauben, kehrte zum OPAC zurück und las folgende wunderschöne Buchstabenkreation:

hei scul mjusikal

Tomatentage und Flugtage

Tomatentage sind Fitnesstage– die Direktorin liebt sie:

  • Gleich morgens ist die Gruppe Vorschule aus dem Medienzentrum verschwunden: hingerannt, gefunden, Jottseidank.
  • Dann sind die Broschüren über den Bibliotheksgründer weg: losgerannt, gefunden, Jottseidank.
  • Kurz darauf ist „Das fliegende Klassenzimmer“ von 1954 perdu: hoch vom Stuhl, gefunden, Jottseidank.
  • Noch vor der Mittagspause wird „Kick it like Beckham“ vermisst: schneller Sprint, gefunden, Jottseidank.
  • Gegen 13 Uhr geht die Sucherei nach „Sinn und Sinnlichkeit“ los: In dem Fall hatte die Direktorin selbst Tomaten auf den Augen.

An Flugtagen wird nichts gesucht, sondern gefunden:

  • Morgens zwei  Paar Turnschuhe in der Kinderbibliothek,
  • mittags ein Gehstock am Hörbuchtrog und
  • am Abend dann eine Gehhilfe neben einer 10-Liter-Gießkanne.

Die können alle das Gebäude nur fliegend verlassen haben. Und watt lernt uns datt?– Lesen beflügelt!

Eisgekühlte Coca-Cola

Die Kleine war hübsch und temperamentvoll,  hatte dunkle, volle Locken und bewegte sich anmutig.  Sie kam immer allein in die Bibliothek, stromerte herum und zettelte zielgerichtet Streit an:  Zur Einstimmung schubste sie die Kleinen am Bilderbuchtrog zu Boden, warf ein paar Schaukeltiere um, beschimpfte anschließend ein paar Größere in bestem Gossenjargon und ließ aus ihren Augen wütende Blitze funkeln.  Doch als sie der Bibliotheksdirektorin vors Schienbein trat und den Mund zum Anspucken spitzte wollte, reagierte diese  blitzschnell: Weiterlesen